Gedichte
Momente der Erinnerung
Yafang Qi, im Frühling 2008
übersetzt von Dorothee Dauber
Der Himmel hatte Zeit, die Erde hatte Gewinn, die Menschen waren in Harmonie
Chemie und Physik und Geographie
Voll Wind und Regen beide Hände
Nicht festzuhalten der klare Duft der vorbei streicht am Gesicht
Herrscht noch Unordnung in der Stadt?
Schöne Menschen, glückliche Menschen oder die am höchsten Stehenden
Macht gewonnen oder Macht verloren?
Damals so jung, und doch heute noch jünger
Die Schuhe voll Schlamm und außerdem geflickt
Auf dem Weg überall verlorene Gegenstände
Dieses Stück jenes Stück
Jedes Stück vertraut und warm
Schwarz und weiß, zwei Grenzen
Und dazu zwischen Ost und West Abstand
Die Berge sehen und wissen, wie der Weg sein wird
Noch einmal fragen, der Genuss ist an welchem Ort?
In der Stadt, wie vieler Menschen Heim?
Einsame Lampen, wie viele?
Der Duft der Sahne mischt sich mit dem feinen Staub
Die Früchte des asketischen Lebens
Wie sie sein werden ist schwer vorhersehbar
Eis und Schnee schmelzen, und mit ihnen der Winter
Im Frühling strecken die Zehntausend Lebewesen ihre Wurzeln in die Tiefe
Beide Augen versiegelt, gleißendes Licht kommt heran
Die Hand, ist sie geballt oder geöffnet?
Zärtlichkeit
Yafang Qi, 11.12.2011
Nur Du kannst meine Seele schärfen
Der See – Ich gehe mit Dir dahin
Deine Seele bleibt bei Dir
Aber meine Seele geht weiter
Ich sage nicht „Du bist schwach“
Aber vielleicht sind meine Gedanken nicht genug
Menschen schaffen keine Menschlichkeit
Menschen machen Angst
Das Schwarze Loch – Es ist in Dir
In dem Moment, in dem Du einsam bist
Wenn Du Hilfe suchst, wenn Du Schmerzen hast
Fort mit der fremden Macht
Das Universum ist nicht länger geheimnisvoll
Es ist in den Weiten des Gehirns
Die große Welle – Sie ist in Dir
Schwimm
Mit dem Wind durch die Wellen
Geheimnisse können nicht mehr verzaubern
Die große Nordseewelle ist wie ein befreiendes Weinen
Hinter jeder Welle eine neue Welle – tausende von Wellen
Wir brauchen keine salzigen Tränen sondern ein Glas süßen Wassers
Vom Gebirgsbach, von den weißen Wolken, vom Konzentrat Deines Lebens
Aus welcher Richtung weht die Freiheit?
Woher kommt die Energie?
Welche Temperatur hat die Relativität?
Und wie viel Härte verträgt die Zärtlichkeit?
Sie ist unendlich
Sie ist nicht zart genug.
Der Geschmack von Wein
Der Geschmack von Rauch
Der Geschmack von Tränen
Der Geschmack von Tee
Der Geschmack von salzigem Meerwasser
Der Geschmack des Windes
Ich koste den Geschmack des Lebens
Wert ohne Wert
Jetzt ist die Zeit des Porzellans bei Vollmond zwischen Sonne und Mond zwischen tiefem Abend und frühem Morgen
Ein Augenblick verdichteter Landschaft
Feuer schmiedet Kälte
Die Porzellanoberfläche ist kalt – sehr kalt
Zärtlichkeit